Mein Yogaweg

Als ich mich vor 28 Jahren zu meiner ersten Yogastunde anmeldete, wusste ich noch nicht, dass diese eineinhalb Stunden den Rest meines Lebens von Grund auf verändern würden. Ich lebte damals in West Berlin, hatte einen verantwortungsvollen und anstrengenden Job und versuchte vergeblich mich von einer OP zu erholen. Doch nach dieser ersten Yogastunde fühlte ich mich zum ersten Mal in meinem Leben ‚richtig‘, kräftig und wie ich selbst. Ich hatte endlich gefunden, was ich in diesem Leben wirklich tun wollte.

Drei Monate später begann ich bei Vinod Dulal (Assistent des großen Meisters B.K.S. Iyengar) in Puna, Indien, meine Ausbildung zur Yogalehrerin. Jeden Morgen zum Sonnenaufgang fuhr ich mit der Rikscha durch Puna zu meiner Privatstunde, die auf dem Betonfussboden in Vinod’s Garage stattfand.  Die Yogastunde bestand darin, dass Vinod mir kurze Sanskrit Anweisungen von Yogahaltungen (Asanas) zurief. Er saß in einer Ecke des Raums mit verschränkten Armen auf einem Holzstuhl. Gott sei Dank hatte ich ein kleines Büchlein meiner Berliner Yogalehrerin dabei, in der alle Sanskrit Namen der Asanas verzeichnet waren. Und so verbrachte ich dann eine Stunde im Hund, im Kopfstand, Handstand, Dreieck..... in einer gefühlten Ewigkeit. Ich durfte die Haltung erst auflösen, wenn Vinod es sagte. Ich schwitzte und stöhnte und .... LERNTE!

So vergingen 3 Monate, die meinen Körper kräftigten,  meinem Geist Weite verliehen und mich von vielen alten Mustern befreiten. Zum Abschied schenkte mir Vinod eine Kiste köstlicher reifer Mangos und schickte mich zurück nach Berlin. A heartfelt Thank You!, Vinod. Yoga hat mich zum Leben erweckt.

In den darauffolgenden Jahren besuchte ich unzählige Workshops und intensive Trainings bei großen Yoga Meistern. U.a. bei Ramanand Patel, Erich Schiffmann, Susa Francina, Shandor Remete etc.  Immer wieder lernte und übte ich auch bei Vinod Dulal, der inzwischen auch in Deutschland und der Schweiz unterrichtete. Meine Karriere als Projektleiterin in der damals boomenden Software Branche hatte ich inzwischen zugunsten meines Sohnes Joshua aufgegeben. Da ich eine abgeschlossene Ausbildung als Übersetzerin und Dolmetscherin habe, übersetzte ich damals Computer Handbücher. Doch eines Tages, ich denke es waren fünf Jahre nach meiner ersten Yogastunde, sagte Vinod: ‚Now you go and teach. You are ready.‘ Ich fühlte mich ganz und gar nicht bereit, aber ich ging und begann zu unterrichten. In der Tradition von B.K.S. Iyengar. So war das damals. Man tat, was der Meister sagte!

Yoga ist, abgesehen von der Geburt meines Sohnes Joshua, das Beste, was mir im Leben geschehen ist. Bis zum heutigen Tag. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass Yoga mir wieder und wieder das Leben gerettet hat.

Jetzt begann meine wirkliche Lehrzeit. Nur waren jetzt meine Schüler die Lehrer. Ich lernte und lerne von jedem Einzelnen von ihnen. Jeder Mensch, jeder Körper, jeder Charakter ist anders und im Yoga wird das so deutlich.  Und die Aufgabe und Pflicht eines Yogalehrers sollte es sein, jeden Schüler als einzigartiges Wesen zu betrachten, wertzuschätzen und darauf einzugehen.

Das durfte ich auch von 1999 bis 2003 in Ojai, Kalifornien lernen. Dort unterrichtete ich mit unendlich viel Freude in drei verschiedenen Yogastudios Menschen aller Altersgruppen. Meine älteste Schülerin war damals 85 und übte noch jeden Tag Kopfstand. 

Neben meinem eigenen Unterricht nahm ich an  einer 3-jährigen Ausbildung zum Equilibrium Yoga Teacher and Yoga Therapist teil. Diese Ausbildung lehrte mich eine sehr einfühlsame und sanfte Art des Unterrichtens, für die ich bis heute unendlich dankbar bin. Iyengar Yoga lehrte mich die korrekte Ausrichtung des  Körpers und die Disziplin (essenziell für einen guten Yogalehrer). Doch erst durch Equilibrium lernte ich wirklich auf meinen eigenen Körper und den Atem zu lauschen. Dabei half mir auch die  Arbeit mit Susan Harper und Emily Conrad. Diese beiden wundervollen Frauen unterrichteten damals Continuum Movement in Los Angeles und ich durfte ihnen assistieren. Thank you Emily, thank you Susan! You taught me about breath and listening even deeper into my animal body.

Als ich 2003 nach Deutschland zurückkehrte sollte sich mein Leben nochmals verändern. Damals traf ich eine Lehrerin, durch die Meditation zum Zentrum meines Lebens wurde. Auch ihr möchte ich hier meine unendliche Dankbarkeit aussprechen. Sie hat mich gelehrt, dass Yoga ein Weg ist und kein Ziel, das es zu erreichen gilt.

 

Yoga ist für mich
nicht nur Beruf und
Berufung,
sondern die Kunst
zu leben.